Thaimassagen gibt es in Thailand an jeder Ecke – vom Wellnessressort bis hin zum Strand. Doch allzu empfindlich sollte man nicht sein. Hartnäckige Blockaden werden mit ganzem Körpereinsatz gelöst.
Eine leichte Brise schwül-warmer Tropenluft weht durch den offen Wellnessbereich, der sicher wie ein Adlerhorst auf einen hohen Felsen gebaut ist. Von hier aus hat man einen grandiosen Blick über die Bucht, auf Kokospalmen, die sich im Wind biegen, dann auf den Strand und das blaue Meer, das, je nach Sonnenstand, mit einem Kaleidoskop an Blautönen verzaubert.
In der Ferne sind die Nachbarinseln zu sehen. Silhouetten mit zackigen Formen, wie Kulissen aus Pappmache. Arbeitsplatz: Tropenparadies. So muss es die junge Thailänderin Nongmapat empfinden, die im Kamalaya-Ressort im Süden der thailändischen Urlaubsinsel Koh Samui erholungsbedürftige Gäste behandelt.
Voller Körpereinsatz
Eine Dame mittleren Alters aus Bad Driburg hat bei Nongmapat eine Thaimassage gebucht. Sie sei gerade erst angekommen und müsse nach dem langen Flug unbedingt ihre steifen Muskeln lockern, erzählt sie hektisch.
Den Blick aufs Meer kann sie erstmal nicht genießen.
Kaum liegt sie im hellen Baumwollanzug rücklings auf der weichen Behandlungsmatte, gibt es auch schon ein Kräutersäckchen auf die Augen. Wahrscheinlich soll sie erst gar nicht sehen, wie Nongmapat ihr die Steifheit austreiben wird.
Zuerst sind die Beine dran. Geschickt werden sie in alle Richtungen gestreckt und gedehnt, bis an die Schmerzgrenze. Dann geht es an einzelne Muskelpartien, die sie systematisch mit Handballen, Daumen, Ellbogen oder den Füßen knetet. Die Arbeit erfordert Nongmapats ganzen Körpereinsatz.
Behandlung mit Tradition
Seit etwa 3000 Jahren werden in Thailand Beschwerden mit dieser Massagetechnik behandelt, in der Elemente aus der Traditionellen Chinesischen Medizin und Yoga in einander fließen.
Es ist keine Streichelmassage mit Öl, sondern eine Mischung aus Stretching und Akupressur. Nicht ohne Grund wird sie auch ironisch „Yoga für Faule“ genannt.
Mit langsamen harmonischen Bewegungen dehnt die Therapeutin Muskeln und Bänder, löst Blockaden und Verspannungen und regt durch gezieltes Drücken auf Energiepunkte Organe und Nerven an.
Inzwischen ist Nongmapat beim Rücken angelangt. Hin und wieder stöhnt die Besucherin aus Ostwestfalen leise auf. „Durch das lange Sitzen sind die Verhärtungen hier besonders stark“, wird ihr erklärt. Arme und Hände werden zum Schluss behandelt.
Der ganze Körper fühlt sich warm und gut durchblutet an. „Ich könnte Baume ausreißen“, sagt die Bad Driburgerin später. „Die Müdigkeit ist wie weggeblasen“.
Modernes Wellnesskonzept
Das Kamalaya Koh Samui ist weit mehr als ein Zentrum für Thaimassage. Auch mit einem Spa im herkömmlichen Sinn hat es wenig gemein. Wer die kurzfristige Erholung sucht, von Streichelmassagen mit duftenden Ölen, Gurkenmasken und Faulenzen am Pool träumt, ist hier falsch. Nicht, dass das nicht möglich wäre, doch der Schwerpunkt im Kamalaya liegt in der Naturheilkunde.
Ein durchaus moderner Ansatz, denn wer sich heute für einen Wellnessurlaub entscheidet, hat meistens Beschwerden. Sei es der Rücken, das Gewicht oder Stress und Überarbeitung.
Andere kommen, weil sie etwas verarbeiten müssen und Zeit brauchen sich neu zu orten. Wellnessurlauber werden zunehmend zu Sinnsuchenden.
„Wir holen unsere Gäste dort ab, wo sie gerade stehen und gehen auf die individuellen Bedürfnisse ein“, sagt Karina Stewart, Mitbegründerin des Kamalaya und medizinische Leiterin.
An dem Konzept des Hauses war die Therapeutin für Traditionelle Chinesische Medizin maßgeblich beteiligt. „Wir kombinieren fernöstliche und westliche Heilverfahren“, sagt Stewart, „und verbinden sie zu einem ganzheitlichen medizinischen System“.
Der erste Weg führt die Gäste zum Gesundheitscheck in den kleinen Behandlungsraum von Krankenschwester Roongtiva. Dort werden die Neuankömmlinge vermessen, gewogen und der Body-Maß-Index bestimmt.
Danach geht es zum Heilpraktiker, der nach Vorerkrankungen, Lebensweise und Ziele des Aufenthalts fragt. Gemeinsam wird ein Therapieplan zusammengestellt. Das Angebot reicht von Lymphdrainagen, Cranio-Sacral bis hin zu Akupunktur, Yoga, Tai Chi oder Pilates.
Wer möchte, kann ein komplettes Entgiftungsprogramm inklusive Darmreinigung buchen. Oder einen Privattrainer, der dem schlaffen Körper zu mehr Kondition verhilft. Damit auch die Spiritualität nicht zu kurz kommt, gibt es täglich Meditationen, Klangtherapie mit tibetischen Instrumenten und spirituellen Tanz, eine Mischung aus Atmung, Bewegung und Musik.
„Wir bieten Wellness für Körper, Seele und Geist“, erklärt Stewart, „unsere Gäste sollen ihre Balance wieder finden“.
Freie Auswahl
In der Küche hat man sich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gäste eingestellt und bietet vom Thai-Curry bis zum argentinischen Hüftsteak für jeden Geschmack etwas an.
Gäste des Entgiftungsprogramms bekommen ein speziell zusammengestelltes Menü, um das Immunsystem stärken, den Blutzucker zu senken und die Leber zu entlasten. Sprich: Kein Alkohol, kein Kaffee, kein frittiertes Fleisch, auch keine Eier- oder Sojaprodukte.
Auch für Diätwillige und Vegetarier sind entsprechende Gerichte im Angebot. Doch niemandem wird vorgeschrieben was er zu essen hat. Wer trotz Entgiftungskur ein Steak braucht oder auf den abendlichen Rotwein nicht verzichten will, kann dies tun. Gerne gesehen wird es allerdings nicht.
INFOS
Fotos: Bettina Hagen
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