Bangkok • Mehr als ein Stopp-Over

Für viele Urlauber ist Bangkok nur ein lästiger Zwischenstopp auf dem Weg zu den Inseln. Bestenfalls werden ein bis zwei Tage für Sightseeing eingeplant. Ein Fehler, denn gerade in der thailändischen Hauptstadt, erfährt man viel über Geschichte, Kultur und Leben im Land.

Großstadtmoloch Bangkok
Großstadtmoloch Bangkok

Auch wenn man bereits während der Fahrt vom Flughafen ins Zentrum das dringende Bedürfnis verspürt, den Großstadtmoloch sofort gegen den nächsten Palmenstrand einzutauschen, sollte man dem nicht nachgeben.

Bangkok lohnt sich. Die rollenden Blechlawinen, die unerträglichen Abgase, der Lärm und die scheußlichen Wolkenkratzer neben wellblechbedeckten Slumhütten gehören ebenso zu Bangkok wie die umwerfenden Tempelanlagen, der golden-glitzernde Königspalast, die farbenfrohen Märkte mit ihren Garküchen.

Die Stadt pulsiert, rund um die Uhr.

Leben am und mit dem Fluss
Leben am und mit dem Fluss

Wer es ruhiger mag, sollte ein Fahrt durch die Kanäle von Bangkok Noi nicht versäumen.

Es ist der älteste Teil der Stadt und am besten mit den schmalen Langschwanzbooten zu erreichen, die man samt Fahrer an fast jeder Fährstation des Chao Praya Fluss für einige Euro mieten kann.

Es ist ein Sprung in eine unbekannte Vergangenheit. Farbige Pfahlbauten säumen den Kanal, dazwischen Frauen, die im trüben Wasser ihre Wäsche waschen und badende Kinder, dann wieder ein Tempel, vor denen Mönche meditieren.

Dörfliches Alltagsleben am Fluss, mitten in Bangkok. Die Fahrt durch Noi dauert etwa eine Stunde und ist in Absprache mit dem Fahrer verlängerbar.

 

Kontrastreiches Bangkok

  • Goldbezogene Dächer sind charakteristisch für den Königspalast

 

Fotos: Bettina Hagen

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Thaimassage • Mehr als Yoga für Faule

Thaimassagen gibt es in Thailand an jeder Ecke – vom Wellnessressort bis hin zum Strand. Doch allzu empfindlich sollte man nicht sein. Hartnäckige Blockaden werden mit ganzem Körpereinsatz gelöst.  

Eine leichte Brise schwül-warmer Tropenluft weht durch den offen Wellnessbereich, der sicher wie ein Adlerhorst auf einen hohen Felsen gebaut ist. Von hier aus hat man einen grandiosen Blick über die Bucht, auf Kokospalmen, die sich im Wind biegen, dann auf den Strand und das blaue Meer, das, je nach Sonnenstand, mit einem Kaleidoskop an Blautönen verzaubert.

In der Ferne sind die Nachbarinseln zu sehen. Silhouetten mit zackigen Formen, wie Kulissen aus Pappmache. Arbeitsplatz: Tropenparadies. So muss es die junge Thailänderin Nongmapat empfinden, die im Kamalaya-Ressort im Süden der thailändischen Urlaubsinsel Koh Samui erholungsbedürftige Gäste behandelt.

Thaimassagen können schmerzhaft sein
Dehnen ist Teil der Massage

Voller Körpereinsatz

Eine Dame mittleren Alters aus Bad Driburg hat bei Nongmapat eine Thaimassage gebucht. Sie sei gerade erst angekommen und müsse nach dem langen Flug unbedingt ihre steifen Muskeln lockern, erzählt sie hektisch.

Den Blick aufs Meer kann sie erstmal nicht genießen.

Kaum liegt sie im hellen Baumwollanzug rücklings auf der weichen Behandlungsmatte, gibt es auch schon ein Kräutersäckchen auf die Augen. Wahrscheinlich soll sie erst gar nicht sehen, wie Nongmapat ihr die Steifheit austreiben wird.

Zuerst sind die Beine dran. Geschickt werden sie in alle Richtungen gestreckt und gedehnt, bis an die Schmerzgrenze. Dann geht es an einzelne Muskelpartien, die sie systematisch mit Handballen, Daumen, Ellbogen oder den Füßen knetet. Die Arbeit erfordert Nongmapats ganzen Körpereinsatz.

Behandlung mit Tradition

Die Thaimassage kann schmerzhaft sein
Voller Körpereinsatz

Seit etwa 3000 Jahren werden in Thailand Beschwerden mit dieser Massagetechnik behandelt, in der Elemente aus der Traditionellen Chinesischen Medizin und Yoga in einander fließen.

Es ist keine Streichelmassage mit Öl, sondern eine Mischung aus Stretching und Akupressur. Nicht ohne Grund wird sie auch ironisch „Yoga für Faule“ genannt.

Mit langsamen harmonischen Bewegungen dehnt die Therapeutin Muskeln und Bänder, löst Blockaden und Verspannungen und regt durch gezieltes Drücken auf Energiepunkte Organe und Nerven an.

Inzwischen ist Nongmapat beim Rücken angelangt. Hin und wieder stöhnt die Besucherin aus Ostwestfalen leise auf. „Durch das lange Sitzen sind die Verhärtungen hier besonders stark“, wird ihr erklärt. Arme und Hände werden zum Schluss behandelt.

Der ganze Körper fühlt sich warm und gut durchblutet an. „Ich könnte Baume ausreißen“, sagt die Bad Driburgerin später. „Die Müdigkeit ist wie weggeblasen“.

Modernes Wellnesskonzept

Gewürze sollen die Gesundheit fördern
Gewürze sollen die Gesundheit fördern

Das Kamalaya Koh Samui ist weit mehr als ein Zentrum für Thaimassage. Auch mit einem Spa im herkömmlichen Sinn hat es wenig gemein. Wer die kurzfristige Erholung sucht, von Streichelmassagen mit duftenden Ölen, Gurkenmasken und Faulenzen am Pool träumt, ist hier falsch. Nicht, dass das nicht möglich wäre, doch der Schwerpunkt im Kamalaya liegt in der Naturheilkunde.

Ein durchaus moderner Ansatz, denn wer sich heute für einen Wellnessurlaub entscheidet, hat meistens Beschwerden. Sei es der Rücken, das Gewicht oder Stress und Überarbeitung.

Andere kommen, weil sie etwas verarbeiten müssen und Zeit brauchen sich neu zu orten. Wellnessurlauber werden zunehmend zu Sinnsuchenden.

„Wir holen unsere Gäste dort ab, wo sie gerade stehen und gehen auf die individuellen Bedürfnisse ein“, sagt Karina Stewart, Mitbegründerin des Kamalaya und medizinische Leiterin.

An dem Konzept des Hauses war die Therapeutin für Traditionelle Chinesische Medizin maßgeblich beteiligt. „Wir kombinieren fernöstliche und westliche Heilverfahren“, sagt Stewart, „und verbinden sie zu einem ganzheitlichen medizinischen System“.

Pool
Die Anlage liegt direkt am Strand

Der erste Weg führt die Gäste zum Gesundheitscheck in den kleinen Behandlungsraum von Krankenschwester Roongtiva. Dort werden die Neuankömmlinge vermessen, gewogen und der Body-Maß-Index bestimmt.

Danach geht es zum Heilpraktiker, der nach Vorerkrankungen, Lebensweise und Ziele des Aufenthalts fragt. Gemeinsam wird ein Therapieplan zusammengestellt. Das Angebot reicht von Lymphdrainagen, Cranio-Sacral bis hin zu Akupunktur, Yoga, Tai Chi oder Pilates.

Wer möchte, kann ein komplettes Entgiftungsprogramm inklusive Darmreinigung buchen. Oder einen Privattrainer, der dem schlaffen Körper zu mehr Kondition verhilft. Damit auch die Spiritualität nicht zu kurz kommt, gibt es täglich Meditationen, Klangtherapie mit tibetischen Instrumenten und spirituellen Tanz, eine Mischung aus Atmung, Bewegung und Musik.

„Wir bieten Wellness für Körper, Seele und Geist“, erklärt Stewart, „unsere Gäste sollen ihre Balance wieder finden“.

Freie Auswahl

Gemüse
Es wird frisch gekocht

In der Küche hat man sich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gäste eingestellt und bietet vom Thai-Curry bis zum argentinischen Hüftsteak für jeden Geschmack etwas an.

Gäste des Entgiftungsprogramms bekommen ein speziell zusammengestelltes Menü, um das Immunsystem stärken, den Blutzucker zu senken und die Leber zu entlasten. Sprich: Kein Alkohol, kein Kaffee, kein frittiertes Fleisch, auch keine Eier- oder Sojaprodukte.

Auch für Diätwillige und Vegetarier sind entsprechende Gerichte im Angebot. Doch niemandem wird vorgeschrieben was er zu essen hat. Wer trotz Entgiftungskur ein Steak braucht oder auf den abendlichen Rotwein nicht verzichten will, kann dies tun. Gerne gesehen wird es allerdings nicht.

INFOS

www.kamalaya.com

  • Kräuterküche im Kamalaya

Fotos: Bettina Hagen




Nepal • Kräftemessen am Annapurna

Zehn der höchsten Berge der Welt gehören ganz oder teilweise zu Nepal. Einen Achttausender wollte ich mir auch ansehen und arbeitete drei Monate lang an meiner Kondition. Ob das reichen würde? Ein Selbstversuch.

Ich hatte so meine Zweifel. War mein eher unsportlicher Körper nach drei Monaten schon fit genug, um sich einer Trekkingtour zum Annapurna-Basecamp zu stellen? Vielleicht wäre es besser, die geplante Oktobertour auf das Frühjahr zu verschieben?

„Du hast einfach nur Lampenfieber“, sagte mein Trainer, der in seiner sportlichen Laufbahn als Triathlet an zahlreichen Ironman-Wettkämpfen teilgenommen hat. „Und: Einen Grund zu verschieben findet man immer. Versuch‘ es einfach“.

Zwei Wochen später fand ich mich im Flieger wieder, noch immer mit einem mulmigen Gefühl. Schließlich komme ich aus dem Flachland und der Brocken war bis dahin der höchste Berg, den ich bestiegen hatte. Und dann gleich auf 4.100 Meter? Warum musste es ausgerechnet Nepal sein?

Die Antwort fand sich noch während des Fluges, morgens, als die Sonne aufging und die Wolkendecke unter uns in ein rötliches Licht tünchte. Plötzlich war es da, das Himalaya-Gebirge, das sich durch die Wolken schob und in der Morgensonne ein überwältigendes Farbspektakel bot. Dazu die klare Sicht auf den Mount Evererst, das Dach der Welt – ein steinerner Koloss, der mit seinen drei fast gleichschenkligen Seiten aussieht wie eine überdimensionierte Pyramide.

Gemüsehändler in Kathmandu
Gemüsehändler in Kathmandu

Zum ersten Mal bekam ich eine vage Ahnung davon, weshalb Bergsteiger ihr Leben riskieren, um ihn zu besteigen. Und ich wusste wieder, warum ich nach Nepal wollte.

Abenteuer und Selbstkasteiung

Am Flughafen von Kathmandu treffe ich die Gruppe, mit der ich die kommenden 17 Tage verbringen werde. Acht Trekker, alle gut trainiert und trotz Übermüdung erstaunlich gut gelaunt.

Der Weg zum Hotel beschert uns den ersten Eindruck von der Hauptstadt, der uns nicht mehr verlassen sollte: Kathmandu versinkt in Lärm und Müll. Ein Müllmoloch mit integriertem Verkehrschaos.

Unzählige Menschen, die scheinbar den ganzen Tag auf der Straße verbringen, kleine Geschäfte, die zwischen Bergen von Abfall ihre Waren anbieten. Doch trotz der akuten Reizüberflutung ist die Atmosphäre nicht aggressiv. Nepalis sind geduldig und nehmen die Umstände so wie kommen.

Händler in Kathmandu.
Straßenhändler in Nepals Hauptstadt

Auch an den Touristen stören sie sich nicht, die seit den sechziger Jahren die Stadt besuchen. Damals waren es vor allem Hippies, die in Kathmandu auf der Suche nach sich selbst und einem besseren Leben mit freier Liebe und Drogen waren.

Heute erinnern nur noch die Souvenirshops mit ihren Haschisch- und Wasserpfeifen an die Zeit, in der der Bezirk Thamel eine Pilgerstätte für Blumenkinder war. Statt der Hippies kommen jetzt Trekker und Bergsteiger, die in der Bergwelt Nepals ihre Abenteuerlust stillen und den Kampf mit dem eigenen Körper aufnehmen.

Thamel wird von der Generation Jack Wolfskin regiert. Ein Outdoorladen neben dem anderen verkauft das nötige Equipment, von Schlafsack über Wanderstöcke bis hin zu Steigeisen. Der exzessive Lebensstil von einst ist der Askese und Selbstkasteiung gewichen.

Straßenszene in Kathmandu.
Schwätzchen am Straßenrand

Die Nervosität steigt

Nach zwei Tagen sitzen wir im Bus nach Pokhara, dem Ausgangspunkt unseres Trekkings. Obwohl der Ort nur zweihundert Kilometer entfernt ist, ist man stattliche acht Stunden unterwegs und es wird schnell klar weshalb.

Wenn nicht gerade eines der zahlreichen Schlaglöcher den Busfahrer zum Bremsen nötigt, sind es entweder Kühe, die mitten auf der Straße stehen, oder Fahrzeuge, die einem  plötzlich auf der eigenen Spur entgegenkommen. Aber für so etwas gibt es die Hupe, von der nepalesische Fahrer gerne und reichlich Gebrauch machen. Es scheint ein Wettkampf zu sein, bei dem die lauteste Hupe gewinnt.

Ebenso abwechslungsreich wie der Straßenverkehr ist die Landschaft, die sich wie eine Kulissenbühne präsentiert. Im Hintergrund das riesige schneebedeckte Annapurnamassiv, davor grüne Bergketten, die eingebettet sind in Terrassenfelder, auf denen Reis und Getreide angebaut wird.

Mit dem Bus unterwegs in Nepal
Mit dem Bus unterwegs in Nepal

Endlich ist Pokhara in Sicht. Die Stadt ist ein beliebter Urlaubsort und liegt direkt an einem See. Beim gemeinsamen Abendessen an der Uferpromenade tauschen wir uns untereinander aus. Jeder ist nervös und gleichzeitig froh, dass es endlich losgeht.

Es ist der letzte Abend vor unserem Trekking. Die letzte Übernachtung in einem Hotel mit heißer Dusche und Toilette. Ab morgen wird sich der Komfort stark einschränken. Vieles wird man nicht vermissen, manches umso schmerzlicher. Bislang hatte ich es auf meinen Reisen geschafft, den Besuch einer Latrine zu umgehen. Diesmal würde mir das nicht gelingen.

Der Startschuss fällt

Unsere Gruppe besteht aus 16 Personen. Fünf Träger, die jeden Morgen um sechs Uhr unsere großen Rucksäcke verschnüren und für uns von Lodge zu Lodge tragen. Dazu zwei Bergführer, von denen einer voran geht und das Tempo vorgibt, der andere das Ende der Gruppe bildet. „Das ist der Lumpensammler“, erklärt mir Gerhard aus Süddeutschland. „Der passt auf, dass niemand verloren geht“. Unser Lumpensammler heißt Loki, seine Bekanntschaft mache ich schneller als es mir lieb ist. Endlich geht es los. Ab jetzt gibt es keine Straßen und Autos mehr, sondern nur noch Natur.

Es ist ein warmer Oktobertag und breite Schotterwege führen uns durch ein Tal. Dann die ersten Steigungen und die Sonne fängt an zu brennen. Wir laufen über Steintreppen, die die Reisfelder in links und rechts teilen.

In der Mittagshitze durch die Terrassenfelder.
In der Mittagshitze durch die Terrassenfelder

Sie scheinen kein Ende zu nehmen. Immer wieder bleibe ich stehen und schnappe nach Luft. Ich verliere den Anschluss zur Gruppe und lande bei Loki, der jedes Mal anhält, wenn ich eine kurze Pause machte. Wasser trinken, durchatmen, weiter gehen, an etwas anderes zu denken ist nicht möglich. Langsam gehen, kleine Schritte machen, das eigene Tempo finden, hat man mir gesagt. Doch was tun, wenn die Kraft nachlässt?

Die Mittagsonne ist gnadenlos, Schweiß tropft von meiner Stirn in die Augen und brennt. Endlich ein Restaurant, in dem wir Pause machen. Ich erhole mich bei Nudelsuppe und Cola.

Die Landschaft ist überwältigend. Schmale Wege führen durch kleine Dörfer mit aneinandergereihten Bauerhöfen. Mitten drin sitzen wir und beobachteten das nepalesische Dorfleben. Frauen, die Berge von Gemüse putzen, Männer, die zwischen Mühlsteinen Hirse mahlen und Kinder, die einfach nur spielen. Sie alle haben sich an die neugierigen Blicke der Trekkingreisenden gewöhnt und zeigen sich nur wenig beeindruckt.

Zwischen Bauerngärten laufen wir weiter, halten hin und wieder an, um eine Eselherde passieren zu lassen. Dann geht es über eine schwankende Stahlseilbrücke, die uns in ein Waldstück führt. Meine Beine zittern, doch nicht vor Angst sondern vor Erschöpfung. Unsere Lodge in Ghandruk erreichen wir am späten Nachmittag. Um acht Uhr liege ich in meinen Schlafsack.

Einige Stahlseilbrücken müssen überquert werden.
Einige Stahlseilbrücken müssen überquert werden

Durchhalten oder umkehren?

Ein spektakulärer Blick auf den Annapurna 3 entschädigt am nächsten Morgen für die Strapazen des Vortags. Wir frühstücken im Freien und genießen den Blick so lange es geht. Heute geht es 600 Höhenmeter abwärts.

Zwei Stunden halte ich durch und laufe mit der Gruppe. Offenbar war es zu schnell, denn als wir in der Talsohle ankommen kann ich mich kaum noch auf den Beinen halten. Kein Schritt geht mehr. Ich muss mich setzen, die Muskulatur ist völlig verhärtet.

Gerhard kommt zu mir. Er ist ein erfahrener Bergwanderer und weiß, was man in solchen Fällen macht. Ich bekomme eine Oberschenkelmassage. Unter Schmerzen laufe ich weiter, Stufe für Stufe, es geht steil bergauf. Ich torkele wie ein betrunkener Seemann.

Ein fremder Bergführer kommt mir entgegen. „Do you have problems with your legs?“, fragt er. Ich bejahe. „Get well soon or get back soon“, sagt er und hat Recht. Es ist genau der Punkt, an dem ich stehe. Zurück gehen oder weiter laufen? Irgendwie schaffe ich es in die nächste Lodge.

Abends schlagen mir unsere Bergführer vor umzudrehen. Jemand von den Trägern würde mich zurück nach Pokhara begleiten. Ich bitte um eine Bedenkzeit bis zum nächsten Morgen.

Pause auf dem Weg zum Annapurna Basecamp.
Pause auf dem Weg zum Annapurna Basecamp

Auf und ab

Der Muskelkater hat mich fest im Griff. Nicht nur die Beine, der ganze Körper schmerzt bei der kleinsten Bewegung. Ich habe Schwierigkeiten die Treppe in der Lodge herunter zu gehen. Doch ich will nicht aufgeben.

Wieder geht es über Natursteintreppen. Sie sind unterschiedlich hoch, was das Laufen noch anstrengender macht. Die Gruppe ist so weit voraus, dass ich sie nicht mehr sehen kann. Loki und ich bilden die Nachhut. „Slowly, slowly“, sagt er, wenn er denkt, ich könnte zusammenbrechen. Doch wenn ich noch langsamer gehe bleibe ich stehen.

Träger, die in großen Körben kistenweise Cola und Bier auf ihrem Rücken transportieren, überholen mich. Trotz ihrer Last sind sie in ihren Badelatschten schneller als ich in meinen Wanderstiefeln. Sie leisten Schwerstarbeit, doch es scheint, es würde ihnen nichts ausmachen.

Kurz vor dem Ziel
Kurz vor dem Ziel

Zum dritten Mal bietet mir Loki an, meine beiden Wasserflaschen zu tragen. Aus falschem Stolz lehne ich ab. Dann nimmt er sie einfach aus der Seitenbefestigung meines Tagesrucksacks und siehe da, zwei Kilo weniger entlasten deutlich den schmerzgeplagten Rücken. Man muss Hilfe auch annehmen können. Bis zum Ende der Tour wird er nicht nur mein Wasser, sondern auch meine Fototasche tragen. Im Gegenzug bekommt er von mir ein paar Deutschstunden.

Eigentlich braucht mein Körper einen Ruhetag. Der Muskelkater kann bei diesen Strapazen nicht besser werden. Ich versuche, ihn zu ignorieren und konzentriere mich auf die Landschaft.

Die Terrassenfelder haben wir hinter uns gelassen, die Strecke führt nun durch einen dichten Regenwald mit Rhododendren, Orchideen und Farnen. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass ich es schaffen könnte. Bis zum Machhapuchare Basislager geht es auf und ab. Wir sind auf 3720 Metern.

Das Basecamp ist erreicht.
Das Basecamp ist erreicht

Am Ziel

Es ist kalt, als wir am nächsten Morgen losgehen. Ausgestattet mit Mütze und Handschuhen treten wir an zu unserer letzten Etappe. Wir sind umzingelt von Sieben- und Achttausendern. Die Gruppe ist schon weit vor mir, ich lasse mir Zeit, bleibe immer wieder stehen und bestaune die Bergwelt. Es liegen Tage hinter mir, die mich die Grenzen meiner körperlichen Leistungsfähigkeit gebracht haben. Jetzt ist das Ziel greifbar nah.

Mein Körper schmerzt noch immer, auch als ich mich die Treppe zum Annapurna Basislager hochschleppe. Ich werde mit Applaus von meinen Mitstreitern begrüßt und beglückwünscht. Wir haben es alle geschafft. Gerhard fragt, ob ich die Tour noch einmal machen würde. „Sicher“, höre ich mich sagen. „Aber vielleicht mit etwas mehr Training“.

Weitere Informationennepaltourism.info (nur auf Englisch)

Beste Reisezeit für Trekkingtouren: Oktober-November & Februar-April

Bester Reiseanbieter: Hauser Exkursionen; hauser-exkursionen.de

Fotos: Bettina Hagen