Violettes Gold • Safranernte im Wallis

Es ist das edelste Gewürz der Welt und auch das teuerste: Safran. In den Walliser Alpen liegt das kleinste und nördlichste Anbaugebiet der Welt. Und darauf ist man in der Region stolz.

Wenn im Oktober herbstlicher Frühnebel über die Felder zieht, die Sonne allmählich ihre Kraft einbüßt und die Bauern längst die letzte Ernte einfahren haben, ist in dem kleinen Schweizer Bergdorf Mund Hochsaison angesagt. Dort, wo man es am wenigsten vermutet, liegt auf einer Fläche von zwei Hektar das nördlichste Anbaugebiet für Safran.

Ein Glücksfall für den Ort, der dem kostbaren Gewächs mit seiner sonnenverwöhnten Hanglage auf 1200 Metern Höhe beste klimatische Bedingungen bietet. Und darauf ist man stolz, nicht nur in Mund sondern in der gesamten Region.

Beat Salzmann bei der Ernte.
Beat Salzmann bei der Ernte

Violettes Farbspektakel

Auch Beat Salzmann, der jeden Tag seine Parzellen besucht, um zu sehen, inwieweit sich diese über Nacht in violettes Meer von Safranblüten verwandelt haben.

„Die Safranernte lässt sich nicht planen, ich weiß nie was mich morgens erwartet“, sagt der 73jährige Hobbybauer. Safran sprießt über Nacht, je nach Witterung mal mehr, mal weniger. Feuchtigkeit und Nässe mag er nicht, dafür aber trockenen, sandigen Boden.

Beat Salzmann ist an diesem Morgen unzufrieden, seine mitgebrachten Bastkörbe werden sich nicht füllen. Am Vortag hatte es stark geregnet und noch immer hängen tiefe, dunkle Wolken über dem Berghang. Die Sicht ins Tal ist verschleiert, für die Safran-Krokusse Grund genug, es sich im warmen Erdreich noch etwas gemütlich zu machen.

Launische Primadonna

Safran ist anders als andere Pflanzen, er verhält sich antizyklisch. Im Herbst, wenn sich die Natur auf den nahenden Winter vorbereitet, blüht er in aller Farbenpracht. Im Frühling, wenn rund herum die Knospen sprießen und die Blüte beginnt, bereitet er sich auf den Sommerschlaf vor.

Von Mai bis Juni wird das Safrankraut langsam gelb, stirbt ab und gibt so die nötigen Nährstoffe an die Zwiebel im Erdreich. Mit Herbstbeginn wachsen die Wurzeln am unteren Bereich der Knolle und die junge Pflanze stößt wie ein kleines Teleskop aus der Ackerkrume.

Blühender Safran
Blühender Safran

Nachwuchssorgen

Die Ernte ist ein mühsames und wegen des geringen Erntevolumens nur wenig ertragreiches Geschäft. Das ist der Grund, weshalb viele Bauern ihre kleinen Parzellen lieber aufgeben und verkaufen. Profitiert davon hat Beat Salzmann. Als der ehemalige Personaleinsatzleiter der Schweizer Bahn in Pension ging, begann er auf einer Parzelle, Safran anzubauen. Inzwischen hat er zwölf. „Es ist schade“, bedauert er, „die jüngere Generation interessiert sich immer weniger sich für den Anbau. Es ist ihnen neben ihrem Beruf zu aufwendig“. Es scheint also nicht gut bestellt zu sein, um den nördlichsten Safran der Welt. Ein Kulturgut, dessen Zukunft ungewiss ist.

Rettung des Safrans

Die Gemeinden erkannten das Problem. 1979 gründete sich die Zunft „Pro Safran“, die sich für den Erhalt der bäuerlichen Tradition einsetzt. Seit dem Mittelalter wird die „Königin der Pflanzen“ in der Schweiz angebaut, nie als Haupterwerb, doch als ein fester Bestandteil der regionalen Identität. Wie es die wertvolle Knolle überhaupt über die Alpen in die Schweiz gelangen konnte, darüber ranken sich Legenden. Eine besagt, dass ein Soldat aus einem Land, in dem die Ausfuhr von Safranzwiebeln unter Todesstrafe stand, eine Knolle in seinem Haarschopf versteckte und nach Mund mitbrachte.

Über die Alpen könnte der Safran ins Wallis gekommen sein.
Über die Alpen könnte der Safran ins Wallis gekommen sein

Wer mehr darüber erfahren möchte, besucht das Safranmuseum, das 2007 im Zehndenstadel, einem der ältesten Holzbauten im Wallis, eröffnet wurde. Dort erklärt Hausherr Leo Albert seinen Gästen, dass der Munder Safran eine Rarität ist und pro Jahr nur zwei bis drei Kilo geerntet werden. Und, das der Kilopreis bei stattlichen 14.000 Franken (rund 13.500 Euro) liegt.

Doch verkauft wird er ohnehin nicht. Er bleibt in der Region, wird zum klassischen Safranrisotto verarbeitet, zu Safranbrot, Safrankäse ,Safranpasta und auch zu Safranlikör.

Reine Handarbeit

Wenn Beat Salzmann mit Körben voller frisch gepflückter Safranblüten nach Hause kommt, wartet schon seine Frau, an ertragsreichen Tagen auch Kinder, Enkel und Bekannte.

Mühsame Verarbeitung
Von Hand gezupft

Spielt das Wetter mit, erntet er mehr als 2000 Blüten. Dann benötigt er dringend Unterstützung, denn die Weiterverarbeitung des Edelgewächses duldet keinen langen Aufschub. Doch es kostet Zeit, wenn der Hobbybauer seine Körbe auf dem Küchentisch entleert und die Helfer anfangen, die drei empfindlichen Narben unter den Blüten vorsichtig freizulegen und herauszulösen.

Alles ist Handarbeit, vom Pflücken auf dem Feld bis hin zum Zupfen der Fäden. „Nein, Safrananbau rentiert sich nicht“, sagt Beat Salzmann, „aber es ist eine Leidenschaft und eine Tradition, die fortgeführt werden muss“. Ob seine Kinder und Enkel jedoch die Arbeit  fortsetzen, sicher ist sich Salzmann da nicht.

Fotos: Bettina Hagen

Rezept: Safranrisotto nach Munder Art

INFOS
Reisezeit:
Zur Safranernte in der zweiten Oktober, ersten Novemberhälfte.
Essen und Trinken: Restaurant Safran (Mund). Safranspezialtäten mit Blick ins Rhone Tal, Tel.: +41 (0)27 923 13 76
Safranmuseum in Mund: Während der Ernte Mittwoch, Samstag und Sonntag von 10:30 bis 12:00 und von 14:00 bis 16:30 Uhr.
Informationen über Mund und die Region: Gemeinde Mund (www.mund.ch), Brig Belalp Tourismus (www.brig-belalp.ch).