Indian Summer in Alaska

Der Indian Summer in Alaska ist sehr kurz, manchmal dauert er nur wenigeTage im September. Wenn man aber Glück hat, erlebt man den 49. Bundesstaat der USA in einem spektakulärem Farbrausch und kann zusehen, wie sich Flora und Fauna auf den nahenden Winter vorbereiten.

Hier ein kurzer Eindruck im Videoclip:




Ayurveda • Nichts für Feiglinge

Das südindische Kerala gilt als die Wiege des Ayurveda. Die Angebote sind vielfältig – von sanften Wellnessbehandlungen bis zur strengen Kur. Letzteres ist nicht immer angenehm.

„Lass Deine Welt zurück“, mit diesen Worten werden Gäste im Ayurveda-Zentrum Kalari Kovilakom in der Provinz Palakkad begrüßt. Das fällt erstmal nicht schwer, denn der ehemalige Königspalast der Vengunard Dynastie liegt zwischen Reisfeldern und Kokospalmen und wirkt mit seiner prunkvollen Architektur und dem zehn Hektar großen Garten wie Relikt aus Zeiten der Maharadscha.

Und das, obwohl es nur ein Nebengebäude des urpünglichen Palastes ist, der einzige Teil, der vor dem Verfall noch zu retten war.

Heute eine Ayurveda-Klinik
Säulengang im ehemaligen Königspalst

Doch der glänzende Marmor, die dunklen sorgfältig verzierten Holzsäulen und die bunten Fresken lassen erahnen, wie die Anlage aus dem 19. Jahrhundert ausgesehen haben muss.

Eintauchen in eine andere Welt, in ein Leben zwischen Askese und Luxus, das lernen die Gäste in der klösterlichen Atmospäre des Palastes.

 

Heilkunst und Lebensweise

Der südindische Bundesstaat Kerala gilt als die Geburtsstätte der ayurvedischen Heilkunst. Sie wird seit Jahrtausenden dort praktiziert und auch heute werden Patienten nach ihren Regeln behandelt. Doch zunehmend setzen Inder, insbesondere die Mittel- und Oberschicht in den Großstädten, auf moderne Schulmedizin und Pharmazie.

Umgekehrt ist es in den westlichen Ländern. Dort wird die reine Gerätemedizin immer häufiger in Frage gestellt, alternative Therapie- und Behandlungformen mit ganzheitlichem Ansatz verzeichnen seit Jahrzehnten einen Boom.

Und nicht wenige machen sich auf den Weg in den Süden Indiens, um dort authentisches Ayurveda zu erleben.

Heute findet man in Kerala oder Goa fast an jeder Straßenecke Ayurveda-Angebote, von Stirngüssen, über Öl- bis hin zu Synchronmassagen. „Ayurveda-to-go“, die schnelle Entspannung nach dem langen Flug oder anstrengendem Sight-Seeing.

Doch Ayurveda, wörtlich übersetzt die Lehre vom Leben, ist weit mehr als sanfte Streichelmassagen – es ist traditionelle indische Heilkunst und Lebensweise in einem.

Im Kalari Kovilakom wird beides nach strengen Regeln praktiziert. Deshalb darf sich die Einrichtung seit drei Jahren offziell auch Krankenhaus und Gesundheitszentrum nennen.

Zwischen den Behandlungen ist Entspannung angessagt

Zeit des Verzichts

Gäste, die einen Aufenthalt im Kalari buchen, suchen genau diese Erfahrung. Zum Bespiel die ältere Dame aus Düsseldorf, deren kaputtes Knie schulmedizinisch austherapiert ist und die sich Linderung ihrer Beschwerden erhofft.

Oder eine junge Frau aus der französischen Schweiz, die ohne Schlafmittel nachts nicht zur Ruhe kommt und Kettenraucherin ist.

Beide haben vorab einen ausführlichen Amnamesebogen ausgefüllt, sind am Tag ihrer Ankunft mit bunten Blumenketten und erfrischendem Kokoswasser begrüßt wurden und tauschten ihre private Kleidung gegen ein weißes lufitges Yogaoutfit.

14 Tage bleiben sie, kürzer wird erst gar keine Kur angeboten. In dieser Zeit darf das Gelände nicht verlassen werden, es gibt weder Fernseher noch Radio, Zucker, Fleisch, Alkohol, Kaffee und Nikotin sind ebenfalls tabu.

Auch Yoga-Lehrer müssen praktizieren

Ayurvedische Lehre

Weshalb das so ist, erklärt Chefarzt Jouhar Kanhirala, einer der vier praktizierenden Ayurveda-Ärzte, seinen Gästen bei der Erstuntersuchung.

„Prävention und Heilung durch Entgiftung des Körpers ist das Ziel der Kur“, sagt er und erläutert die Lehre der drei Doshas Vata, Pitta und Kapha, Energieflüsse, deren Harmonie in der Kur wiederhergestellt werden.

Die Bestimmung des individuellen Doshas ist ein Kernstück der ayurvedischen Heilkunst, auf ihrer Grundlage wird die weitere Behandlung festgelegt.

Dazu untersucht Jouhar Kanhirala seine Gäste mit einer genauen Iris- und Pulsdiagnostik. Auch Zunge, Hautbeschaffenheit und Bewegungsapparat werden begutachtet, gleichzeitig Lebensweisen, Familienverhältnisse, Erb- und Kinderkrankheiten abgefragt. Danach geht es in die Entgiftungsphase.

Weg mit den Giften

Der Tag im Kalari Kovilakom beginnt früh. Schon um 7 Uhr sitzen die junge Schweizerin und die Dame aus Düsseldorf im Yogapavillion und versuchen mit leichten Asanas- und Atemübungen den Stoffwechsel und Entgiftungsprozess anzuregen.

Zum Frühstück gibt es ein Gläschen warmes Ghee, geklärtes Butterfett, dem durch vorsichtiges Erhitzen die Molkestoffe entzogen wurden. Eine harte Prüfung, denn jeden Tag wird die Menge verdoppelt. Auch bei den Massagen wird statt Sesamöl Ghee benutzt.

Gekocht wird vegetarisch

„Das Ghee bindet fett- und wasserlösliche Gifte im Körper“, sagt Ayurveda-Arzt Kanhirala, „die später ausgeleitet werden“. „Schrecklich, dieser ranzige Buttergeruch“, klagt die Schweizerin, „hoffentlich ist es bald vorbei“.

Doch erst, wenn sich im Schweiß Rückstände von Ghee finden, sind nach ayurvedischer Lehre alle Giftstoffe gelöst und die Ausleitung kann beginnen. Auch das ist für die wenigsten angenehm, denn sie erfolgt mit pflanzlichen Abführ- oder Brechmitteln und kann unterstützt werden durch Aderlass, Kräutereinläufe, Blutegeltherapie, Schwitzkuren und Nasenspülungen.

Zur Belohnung gibt es in der Schlussphase Behandlungen, die der Regeneration und Verjüngung dienen, angenehme Massagen und Gesichtspackungen mit Früchten und Kräutern.

Ernährung als Medizin

Ein wichtiger Baustein in der ayurvedischen Heilkunde ist die Ernährung. Es wird mit Ausnahme von wenigen Buttermilchgetränken vegan gekocht, ohne Öl, Salz, Mehl und Zucker. Jeder Gast bekommt entsprechend seiner Doshas eigene Speisen zubereitet.

„Manchmal koche ich am Tag 80 unterschiedliche Gerichte“, sagt Chefkoch Velayudhan. Das Gemüse wird von Bauern aus der Region geliefert, die Kräuter kommen aus dem hauseigenen Garten.

Milde Gemüsecurrys, Reis und leckere Linsengerichte stehen auf dem Speiseplan, gewürzt wird mit allem was die indische Küche zu bieten hat: Koriander, Tamarinde, Knoblauch, Ingwer, Kreuzkümmel, Gelbwurz und Zwiebeln. Dazu gibt es warmes Ingwerwasser und Kräutertees.

„Die Kur ist eine Reise zu sich selbst“, sagt die Düsseldorferin nach einigen Tagen. Und ihr Knie sei auch schon viel beweglicher.

 

Weitere Infos unter: www.cghearth.com/kalari-kovilakom

 

Fotos: Bettina Hagen




Gstaad • Diskreter Charme im Berner Oberland

Im Berner Oberland, rund um den kleinen Ort Gstaad, trifft sich die Prominenz in edlen Chalets. Die Diskretion der Bewohner gepaart mit bäuerlicher Tradition machen die Region zum idealen Rückzugsort. Nicht nur für Promis.

Ein Hauch von Kuhdung liegt über dem kleinen Bahnhof von Gstaad, weht den anreisenden Gästen in die Nase und lässt keinen Zweifel offen, dass man sich in ländlicher Umgebung befindet. Vor den teuren Chalets der betuchten Prominenz, die sich im Berner Oberland ein Stelldichein gibt, macht er ebenso wenig halt wie vor den Garderoben der Edelboutiquen auf der verkehrberuhigten Einkaufstrasse des Ortes.

Gstaad- kein quirliger Jet-Set-Ort
Mondän und ländlich – die Fußgängerzone in Gstaad

Der exklusive Kurort Gstaad steht zu seinen bäuerlichen Wurzeln. Trecker und Gummistiefel gehören hier ebenso zum Straßenbild wie Lamborghinis mit Golfschlägern.

Die Statistik bestätigt den ersten Eindruck: Auf 7000 Einwohner kommen 7000 Rinder und während der Saison rund 10.000 Besucher. Offenbar eine Mischung die ankommt, denn die meisten Besucher sind Stammgäste und verbringen bereits seit Jahren ihren Urlaub in der Region.

Rückzugsort für Promis

Gstaad mit seinen umliegenden Dörfern gehört nicht in die Kategorie der quirligen Jet-Set-Orte, sondern bietet Ruhe und Abgeschiedenheit. Nicht sehen und gesehen werden ist hier die Devise, sondern leben und leben lassen. Diskretion ist oberstes Gebot. Fast mürrisch reagieren Einwohner auf die Frage, welche Stars hinter den verzierten Holzfassaden der Chalets residieren.

Prominente Namen wie Roger Moore, Liz Taylor, Julie Andrews standen seit jeher auf der Gästeliste, aber heute? „Kein Kommentar“, heißt es dann und man hält sich daran. Meistens, so wird erzählt, erfahre man von der Anwesenheit hochkarätiger Berühmtheiten erst, wenn diese längst schon wieder abgereist seien.

Immer ein gutes Motiv - das Simmertaler Rind
Posiert auch gerne für Kameras – das Simmentaler Rind

Mekka für Gourmets

Weniger rar dagegen macht sich das nach der Region benannte Simmentaler Rind. Es ist die Spezialität der Gegend und für den ersten sinnlichen Eindruck verantwortlich.

Erfreulicherweise auch für den zweiten, denn auf den Speisekarten der Restaurants trifft man es wieder, allerdings inkognito. Perfekt zubereitet als Côte de Boeuf du Simmental, Filet de bœuf Simmental oder Saanenländer Trockenfleisch ziert es mit Beilagen versehen die angewärmten Teller und versetzt die Geschmacksnerven in Euphorie.

So auch bei Robert Speth, dem deutschen Zuwanderer aus Baden. Stolze 18 Punkte hat er sich in seinem Restaurant Chesery im Dorfzentrum von Gstaad erkocht und ganz nebenbei auch noch einen Michelin-Stern. Damit ist er ist Spitzenreiter der Region.

Und das will einiges heißen, denn die Konkurrenz ist stark. Nirgendwo in der Schweiz ist die Dichte an mit GaultMillau-Punkten ausgezeichneten Köchen höher als in Gstaad-Saanenland.

Verrückt nach Weißwurst

Robert Speth ist der Erfolg nicht zu Kopf gestiegen. Er ist ein Chefkoch zum Anfassen, versteckt sich nicht hinter Töpfen, sondern berät seine Gäste im elegant-rustikalen Gastraum persönlich und nimmt Sonderwünsche entgegen. Ein zurückhaltender Mensch, ebenso wie seine Kochkunst, schnörkellos und ohne viel Brimborium.

Hat einen Michelin-Stern und 18 iGaultMillau-Punkte erkocht - Robert Speth
Sternekoch Robert Speth ist gebürtiger Schwabe

„Ich bin ein Purist auf dem Teller und will mit einer einfachen Zubereitung den Grundgeschmack der Produkte hervorheben“, beschreibt er seinen Stil. Ein richtig guter Braten, sei für einen Koch eine besondere Herausforderung, ist seine Philosophie. Berühmt aber ist der Schwabe für seinen Wolfsbarsch in Salzkruste. „Der Trick ist, dass Eiweiß für die Salzkruste vorher aufzuschlagen, damit die Kruste nicht knochenhart wird“, verrät er Gästen, die nach Kochtipps fragen.

Seit 1991 führt er mit Ehefrau Susanne auch das Restaurant des Golfclubs Gstaad-Saanenland. Dort ist die Küche etwas deftiger und auch traditionelle deutsche Einflüsse sind zu finden. „Ich habe die Weißwurst hier salonfähig gemacht“ erzählt der Sternkoch, „anfangs haben die Schweizer sich geweigert blasse Würstchen zu essen. Heute sind sie ganz verrückt danach“.

Höhere Töchter und Söhne

Berühmt ist die Region für ihre zahlreiche Freizeitangebote. Im Winter ist Langlauf, Alpinski und Snowboard fahren angesagt, im Sommer Wandern, Klettern und Radfahren. Und die Outdoor-Aktivitäten haben Tradition.

Mit dem Bau der Bahnstrecke von Montreux am Genfer See in das Berner Oberland im Jahr 1904 wurde der bis dahin verschlafene Landstrich mit der Außenwelt verbunden.

Sommerfrische in Gstaad
Mit dem Eliteinternat kamen die ersten Gäste

Zeitgleich entschied sich das elitäre Privatgymnasium Le Rosey seinen Wintercampus nach Gstaad zu verlegen. Mit den Schülern kamen die Eltern, die ihre Sprösslinge besuchten. Damit hielt der Tourismus Einzug in der Region und die ersten Luxushotels wurden gebaut.

Panorama-Strecke

Die Bahnlinie gibt es noch immer und wird vom „Golden Pass Panoramic“ befahren, ein Zug mit bequemen Sesseln und großen Panoramafenstern. Wie im Kino rauscht die Landschaft im Großformat vorbei. Besucher aus Richtung Bern erwischen den Zug in der Ortschaft Zweisimmen. Von dort an geht es stetig bergauf. Die Fahrt führt durch Dörfer mit properen Bauernhäusern, deren verzierte Holzfassaden aussehen, als wäre sie gerade frisch gestrichen worden.

Im Sommer hängt üppiger Blumenschmuck an den Balkonen, beinahe so, als würden die Dorfbewohner im Wettkampf um die prächtigste Geranienstaude stehen. Im Winter, wenn die Dörfer eingeschneit sind, liegt eine dicke Schneedecke auf den Giebeldächern und lange Eiszapfen hängen an Dachrinnen und Fensterläden herunter.

Die Strecke führt durch Waldabschnitte, über sprudelnde Gebirgsbäche, vorbei an einsame Höfen, Gaststätten und kleinen Orten mit illustren Namen wie Bahnhöfli oder Chlösterli. Eine Fahrt, wie eine Zeitreise durch eine unwirkliche, saubere und aufgeräumte Bilderbuch-Landschaft.

Zugfahrt durch Schweizer Bilderbuchlandschaft
Panorama-Strecke im Berner Oberland

Fotos: Gstaad Saanenland Tourismus und Bettina Hagen

INFOS
http://www.gstaad.ch




Völlig verkohlt • Wintergenüsse aus Dithmarschen

Im schleswig-holsteinischen Dithmarschen dreht sich seit über 100 Jahren alles um Kohl. Was in deutschen Küchen lange Zeit als Arme-Leute-Essen verpönt war, erlebt heute eine Renaissance. Und die Region an der Nordsee profitiert davon.

Von Oktober bis Anfang November herrscht bei Oliver Langmaack Hochkonjunktur. Dann dreht sich bei dem Landwirt im Schleswig-Holsteinischen Dithmarschen alles um Weißkohl. Sechs Mitarbeiter sorgen dafür, dass sein Kohl von den riesigen Feldern geerntet, von Umblättern befreit und für den Transport vorbereitet wird.

Erntereifer Kohlkopf
Erntereifer Kohlkopf

„Insgesamt 50 Tonnen pro Woche verlassen in dieser Zeit meinen Hof“, sagt der junge Landwirt, der seit 2001 gemeinsam mit seinem Bruder den elterlichen Betrieb führt. Ein arbeitsaufwendiger Prozess, denn die Kohlernte ist in Dithmarschen, Europas größten zusammenhängenden Kohlanbaugebiet, zu 80 Prozent Handarbeit.

Siegeszug des Kohlkopfs

Daran hat sich seit 1889, als man in der heutigen „Kohlkammer Deutschlands“ anfing mit dem professionellen Anbau zu experimentieren, nichts geändert. Die ersten Versuche verliefen damals erfolgreich, dank des nährstoffreichen Marschbodens wurde der Kohl schnell heimisch.

Heute ernten die Dithmarscher auf rund 2800 Hektar Anbaufläche jährlich etwa 80 Millionen Kohlköpfe.

Die Gegend mit dem Nordseeklima hat sich bestens bewährt. „Wir haben hier eine Gesundheitslage“, erklärt Langmaack, „der stetige Westwind von der

Zartes Kohlpflänzchen.
Zartes Kohlpflänzchen

Nordsee hält den Schädlingsbefall sehr gering und der sandige Boden mit hohem Anteil an Schluff und Ton sorgt für eine gute Qualität“.

Vom Weißkohl zum Sauerkraut

Einer von Langmaacks Kunden ist der Lebensmitteltechniker Hubert Nickels. Seit Jahrzehnten dreht sich sein Leben um Weißkohl. Als Betriebsleiter arbeitete er bis 1995 in der Wesselburener Sauerkrautfabrik und verantwortete dort die Produktion.

Als die Fabrik aus betrieblichen Gründen schloss, gab Nickels nicht auf und entschied sich, seine Kenntnisse auf anderem Weg weiter zu geben.

Kurzerhand gründete er in Teilen des alten Betriebsgebäudes Deutschlands einziges Kohlmuseum samt kleiner Produktionsstätte, in dem Besucher alles über das Gemüse, seine gesundheitsfördernde Wirkung und die Verarbeitung zu Sauerkraut lernen können.

Sauerkraut aus Dithmarschen
Hubert Nickels mit selbstgemachtem Sauerkraut

Letzteres hat es ihm besonders angetan, ärgerte er sich von jeher über die industrielle Herstellung von Sauerkraut, in der durch mehrfaches Erhitzen ein Großteil der wertvollen Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe verloren gehen.

Also entwickelte Tüftler Nickels das schonende Konservierungsverfahren der bioaktiven Glasgärung, bei dem auf Hitzebehandlung komplett verzichtet wird.

In der Krautwerkstatt demonstriert er Interessierten den natürlichen Produktionsprozess, zeigt, wie man feldfrische Kohlköpfe schnitzelt, mit 0,9 Prozent Salz anreichert, mischt, in ein Glas abfüllt und mit einem atmenden Spezialdeckel verschliesst.

Aufgetischt

Fährt man im Sommer durch die Landschaft Dithmarschens sieht man ihn links und rechts wachsen: Frühkohl, Spätkohl, Rotkohl. Und auch auf den Speisekarten der Gaststätten trifft man ihn wieder.

Selbst Shampoo und Bodylotion gibt es aus Kohl

„Das war nicht immer so“, sagt Rolf Rogalla, Inhaber des Hotel-Restaurants „Zur Linde“ in Meldorf. „Obwohl wir in einer Kohlgegend leben, scheuen viele Gastronomen den Aufwand, denn das Naturprodukt ist mit viel Arbeit verbunden“.

Bei ihm hingegen stehen Kohlprodukte das ganze Jahr auf der Speisekarte. Nicht nur während der Dithmarscher Kohltage im September, wenn der erste Kohlanstich mit einem Festival gefeiert wird, bei dem als Höhepunkt feierlich die Kohlkönigin gekürt wird.

Längst hat Kohl sein schlechtes Image abgestreift und Einzug in die feine Küche gehalten. Die moderne Küche experimentiert mit Kohl, entspricht er doch dem Zeitgeist einer gesunden, regionalen und kalorienarmen Ernährung.

Im Kohlmuseum wird gezeigt, wie Kohl in vergangenen Zeiten geerntet und verarbeitet wurde.
Im Kohlmuseum wird gezeigt, wie Kohl in vergangenen Zeiten geerntet und verarbeitet wurde

Mehr als Kohlsuppe

In der „Linde“ findet man daher auch keine Kohlsuppe, wohl aber Wirsing-Lasagne mit Lachs- und Scholle, Lammgefüllte Kohlrouladen oder Apfelrotkohl mit Rehgulasch. Und das Angebot wird angenommen, auch von Jüngeren, was Rogalla besonders freut.

Und zum Kohlanstich gibt es besondere Schmankerl: Ein Dithmarscher Kohlcocktail als Aperitif und Kohlpralinen zum Dessert.

Wer darauf nicht warten möchte, kann sich im Sommer in der örtlichen Eisdiele ein Kohleis schmecken lassen. So viel Kohl wie heute war nie – selbst in Dithmarschen nicht.

Lesen Sie auch: Kleine Kohlkunde


INFOS

Informationen zur Urlaubsregion Dithmarschen unter
www.dithmarschen-tourismus.de   

Kohlosseum und Kohlmuseum
Bahnhofstraße 20
25764 Wesselburen
www.kohlosseum.de

Gastronomietipp
Hotel Zur Linde
Südermarkt 1
25704 Meldorf
www.linde-meldorf.de

Fotos: Bettina Hagen




Nepal • Kräftemessen am Annapurna

Zehn der höchsten Berge der Welt gehören ganz oder teilweise zu Nepal. Einen Achttausender wollte ich mir auch ansehen und arbeitete drei Monate lang an meiner Kondition. Ob das reichen würde? Ein Selbstversuch.

Ich hatte so meine Zweifel. War mein eher unsportlicher Körper nach drei Monaten schon fit genug, um sich einer Trekkingtour zum Annapurna-Basecamp zu stellen? Vielleicht wäre es besser, die geplante Oktobertour auf das Frühjahr zu verschieben?

„Du hast einfach nur Lampenfieber“, sagte mein Trainer, der in seiner sportlichen Laufbahn als Triathlet an zahlreichen Ironman-Wettkämpfen teilgenommen hat. „Und: Einen Grund zu verschieben findet man immer. Versuch‘ es einfach“.

Zwei Wochen später fand ich mich im Flieger wieder, noch immer mit einem mulmigen Gefühl. Schließlich komme ich aus dem Flachland und der Brocken war bis dahin der höchste Berg, den ich bestiegen hatte. Und dann gleich auf 4.100 Meter? Warum musste es ausgerechnet Nepal sein?

Die Antwort fand sich noch während des Fluges, morgens, als die Sonne aufging und die Wolkendecke unter uns in ein rötliches Licht tünchte. Plötzlich war es da, das Himalaya-Gebirge, das sich durch die Wolken schob und in der Morgensonne ein überwältigendes Farbspektakel bot. Dazu die klare Sicht auf den Mount Evererst, das Dach der Welt – ein steinerner Koloss, der mit seinen drei fast gleichschenkligen Seiten aussieht wie eine überdimensionierte Pyramide.

Gemüsehändler in Kathmandu
Gemüsehändler in Kathmandu

Zum ersten Mal bekam ich eine vage Ahnung davon, weshalb Bergsteiger ihr Leben riskieren, um ihn zu besteigen. Und ich wusste wieder, warum ich nach Nepal wollte.

Abenteuer und Selbstkasteiung

Am Flughafen von Kathmandu treffe ich die Gruppe, mit der ich die kommenden 17 Tage verbringen werde. Acht Trekker, alle gut trainiert und trotz Übermüdung erstaunlich gut gelaunt.

Der Weg zum Hotel beschert uns den ersten Eindruck von der Hauptstadt, der uns nicht mehr verlassen sollte: Kathmandu versinkt in Lärm und Müll. Ein Müllmoloch mit integriertem Verkehrschaos.

Unzählige Menschen, die scheinbar den ganzen Tag auf der Straße verbringen, kleine Geschäfte, die zwischen Bergen von Abfall ihre Waren anbieten. Doch trotz der akuten Reizüberflutung ist die Atmosphäre nicht aggressiv. Nepalis sind geduldig und nehmen die Umstände so wie kommen.

Händler in Kathmandu.
Straßenhändler in Nepals Hauptstadt

Auch an den Touristen stören sie sich nicht, die seit den sechziger Jahren die Stadt besuchen. Damals waren es vor allem Hippies, die in Kathmandu auf der Suche nach sich selbst und einem besseren Leben mit freier Liebe und Drogen waren.

Heute erinnern nur noch die Souvenirshops mit ihren Haschisch- und Wasserpfeifen an die Zeit, in der der Bezirk Thamel eine Pilgerstätte für Blumenkinder war. Statt der Hippies kommen jetzt Trekker und Bergsteiger, die in der Bergwelt Nepals ihre Abenteuerlust stillen und den Kampf mit dem eigenen Körper aufnehmen.

Thamel wird von der Generation Jack Wolfskin regiert. Ein Outdoorladen neben dem anderen verkauft das nötige Equipment, von Schlafsack über Wanderstöcke bis hin zu Steigeisen. Der exzessive Lebensstil von einst ist der Askese und Selbstkasteiung gewichen.

Straßenszene in Kathmandu.
Schwätzchen am Straßenrand

Die Nervosität steigt

Nach zwei Tagen sitzen wir im Bus nach Pokhara, dem Ausgangspunkt unseres Trekkings. Obwohl der Ort nur zweihundert Kilometer entfernt ist, ist man stattliche acht Stunden unterwegs und es wird schnell klar weshalb.

Wenn nicht gerade eines der zahlreichen Schlaglöcher den Busfahrer zum Bremsen nötigt, sind es entweder Kühe, die mitten auf der Straße stehen, oder Fahrzeuge, die einem  plötzlich auf der eigenen Spur entgegenkommen. Aber für so etwas gibt es die Hupe, von der nepalesische Fahrer gerne und reichlich Gebrauch machen. Es scheint ein Wettkampf zu sein, bei dem die lauteste Hupe gewinnt.

Ebenso abwechslungsreich wie der Straßenverkehr ist die Landschaft, die sich wie eine Kulissenbühne präsentiert. Im Hintergrund das riesige schneebedeckte Annapurnamassiv, davor grüne Bergketten, die eingebettet sind in Terrassenfelder, auf denen Reis und Getreide angebaut wird.

Mit dem Bus unterwegs in Nepal
Mit dem Bus unterwegs in Nepal

Endlich ist Pokhara in Sicht. Die Stadt ist ein beliebter Urlaubsort und liegt direkt an einem See. Beim gemeinsamen Abendessen an der Uferpromenade tauschen wir uns untereinander aus. Jeder ist nervös und gleichzeitig froh, dass es endlich losgeht.

Es ist der letzte Abend vor unserem Trekking. Die letzte Übernachtung in einem Hotel mit heißer Dusche und Toilette. Ab morgen wird sich der Komfort stark einschränken. Vieles wird man nicht vermissen, manches umso schmerzlicher. Bislang hatte ich es auf meinen Reisen geschafft, den Besuch einer Latrine zu umgehen. Diesmal würde mir das nicht gelingen.

Der Startschuss fällt

Unsere Gruppe besteht aus 16 Personen. Fünf Träger, die jeden Morgen um sechs Uhr unsere großen Rucksäcke verschnüren und für uns von Lodge zu Lodge tragen. Dazu zwei Bergführer, von denen einer voran geht und das Tempo vorgibt, der andere das Ende der Gruppe bildet. „Das ist der Lumpensammler“, erklärt mir Gerhard aus Süddeutschland. „Der passt auf, dass niemand verloren geht“. Unser Lumpensammler heißt Loki, seine Bekanntschaft mache ich schneller als es mir lieb ist. Endlich geht es los. Ab jetzt gibt es keine Straßen und Autos mehr, sondern nur noch Natur.

Es ist ein warmer Oktobertag und breite Schotterwege führen uns durch ein Tal. Dann die ersten Steigungen und die Sonne fängt an zu brennen. Wir laufen über Steintreppen, die die Reisfelder in links und rechts teilen.

In der Mittagshitze durch die Terrassenfelder.
In der Mittagshitze durch die Terrassenfelder

Sie scheinen kein Ende zu nehmen. Immer wieder bleibe ich stehen und schnappe nach Luft. Ich verliere den Anschluss zur Gruppe und lande bei Loki, der jedes Mal anhält, wenn ich eine kurze Pause machte. Wasser trinken, durchatmen, weiter gehen, an etwas anderes zu denken ist nicht möglich. Langsam gehen, kleine Schritte machen, das eigene Tempo finden, hat man mir gesagt. Doch was tun, wenn die Kraft nachlässt?

Die Mittagsonne ist gnadenlos, Schweiß tropft von meiner Stirn in die Augen und brennt. Endlich ein Restaurant, in dem wir Pause machen. Ich erhole mich bei Nudelsuppe und Cola.

Die Landschaft ist überwältigend. Schmale Wege führen durch kleine Dörfer mit aneinandergereihten Bauerhöfen. Mitten drin sitzen wir und beobachteten das nepalesische Dorfleben. Frauen, die Berge von Gemüse putzen, Männer, die zwischen Mühlsteinen Hirse mahlen und Kinder, die einfach nur spielen. Sie alle haben sich an die neugierigen Blicke der Trekkingreisenden gewöhnt und zeigen sich nur wenig beeindruckt.

Zwischen Bauerngärten laufen wir weiter, halten hin und wieder an, um eine Eselherde passieren zu lassen. Dann geht es über eine schwankende Stahlseilbrücke, die uns in ein Waldstück führt. Meine Beine zittern, doch nicht vor Angst sondern vor Erschöpfung. Unsere Lodge in Ghandruk erreichen wir am späten Nachmittag. Um acht Uhr liege ich in meinen Schlafsack.

Einige Stahlseilbrücken müssen überquert werden.
Einige Stahlseilbrücken müssen überquert werden

Durchhalten oder umkehren?

Ein spektakulärer Blick auf den Annapurna 3 entschädigt am nächsten Morgen für die Strapazen des Vortags. Wir frühstücken im Freien und genießen den Blick so lange es geht. Heute geht es 600 Höhenmeter abwärts.

Zwei Stunden halte ich durch und laufe mit der Gruppe. Offenbar war es zu schnell, denn als wir in der Talsohle ankommen kann ich mich kaum noch auf den Beinen halten. Kein Schritt geht mehr. Ich muss mich setzen, die Muskulatur ist völlig verhärtet.

Gerhard kommt zu mir. Er ist ein erfahrener Bergwanderer und weiß, was man in solchen Fällen macht. Ich bekomme eine Oberschenkelmassage. Unter Schmerzen laufe ich weiter, Stufe für Stufe, es geht steil bergauf. Ich torkele wie ein betrunkener Seemann.

Ein fremder Bergführer kommt mir entgegen. „Do you have problems with your legs?“, fragt er. Ich bejahe. „Get well soon or get back soon“, sagt er und hat Recht. Es ist genau der Punkt, an dem ich stehe. Zurück gehen oder weiter laufen? Irgendwie schaffe ich es in die nächste Lodge.

Abends schlagen mir unsere Bergführer vor umzudrehen. Jemand von den Trägern würde mich zurück nach Pokhara begleiten. Ich bitte um eine Bedenkzeit bis zum nächsten Morgen.

Pause auf dem Weg zum Annapurna Basecamp.
Pause auf dem Weg zum Annapurna Basecamp

Auf und ab

Der Muskelkater hat mich fest im Griff. Nicht nur die Beine, der ganze Körper schmerzt bei der kleinsten Bewegung. Ich habe Schwierigkeiten die Treppe in der Lodge herunter zu gehen. Doch ich will nicht aufgeben.

Wieder geht es über Natursteintreppen. Sie sind unterschiedlich hoch, was das Laufen noch anstrengender macht. Die Gruppe ist so weit voraus, dass ich sie nicht mehr sehen kann. Loki und ich bilden die Nachhut. „Slowly, slowly“, sagt er, wenn er denkt, ich könnte zusammenbrechen. Doch wenn ich noch langsamer gehe bleibe ich stehen.

Träger, die in großen Körben kistenweise Cola und Bier auf ihrem Rücken transportieren, überholen mich. Trotz ihrer Last sind sie in ihren Badelatschten schneller als ich in meinen Wanderstiefeln. Sie leisten Schwerstarbeit, doch es scheint, es würde ihnen nichts ausmachen.

Kurz vor dem Ziel
Kurz vor dem Ziel

Zum dritten Mal bietet mir Loki an, meine beiden Wasserflaschen zu tragen. Aus falschem Stolz lehne ich ab. Dann nimmt er sie einfach aus der Seitenbefestigung meines Tagesrucksacks und siehe da, zwei Kilo weniger entlasten deutlich den schmerzgeplagten Rücken. Man muss Hilfe auch annehmen können. Bis zum Ende der Tour wird er nicht nur mein Wasser, sondern auch meine Fototasche tragen. Im Gegenzug bekommt er von mir ein paar Deutschstunden.

Eigentlich braucht mein Körper einen Ruhetag. Der Muskelkater kann bei diesen Strapazen nicht besser werden. Ich versuche, ihn zu ignorieren und konzentriere mich auf die Landschaft.

Die Terrassenfelder haben wir hinter uns gelassen, die Strecke führt nun durch einen dichten Regenwald mit Rhododendren, Orchideen und Farnen. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass ich es schaffen könnte. Bis zum Machhapuchare Basislager geht es auf und ab. Wir sind auf 3720 Metern.

Das Basecamp ist erreicht.
Das Basecamp ist erreicht

Am Ziel

Es ist kalt, als wir am nächsten Morgen losgehen. Ausgestattet mit Mütze und Handschuhen treten wir an zu unserer letzten Etappe. Wir sind umzingelt von Sieben- und Achttausendern. Die Gruppe ist schon weit vor mir, ich lasse mir Zeit, bleibe immer wieder stehen und bestaune die Bergwelt. Es liegen Tage hinter mir, die mich die Grenzen meiner körperlichen Leistungsfähigkeit gebracht haben. Jetzt ist das Ziel greifbar nah.

Mein Körper schmerzt noch immer, auch als ich mich die Treppe zum Annapurna Basislager hochschleppe. Ich werde mit Applaus von meinen Mitstreitern begrüßt und beglückwünscht. Wir haben es alle geschafft. Gerhard fragt, ob ich die Tour noch einmal machen würde. „Sicher“, höre ich mich sagen. „Aber vielleicht mit etwas mehr Training“.

Weitere Informationennepaltourism.info (nur auf Englisch)

Beste Reisezeit für Trekkingtouren: Oktober-November & Februar-April

Bester Reiseanbieter: Hauser Exkursionen; hauser-exkursionen.de

Fotos: Bettina Hagen