Gstaad • Diskreter Charme im Berner Oberland

Im Berner Oberland, rund um den kleinen Ort Gstaad, trifft sich die Prominenz in edlen Chalets. Die Diskretion der Bewohner gepaart mit bäuerlicher Tradition machen die Region zum idealen Rückzugsort. Nicht nur für Promis.

Ein Hauch von Kuhdung liegt über dem kleinen Bahnhof von Gstaad, weht den anreisenden Gästen in die Nase und lässt keinen Zweifel offen, dass man sich in ländlicher Umgebung befindet. Vor den teuren Chalets der betuchten Prominenz, die sich im Berner Oberland ein Stelldichein gibt, macht er ebenso wenig halt wie vor den Garderoben der Edelboutiquen auf der verkehrberuhigten Einkaufstrasse des Ortes.

Gstaad- kein quirliger Jet-Set-Ort
Mondän und ländlich – die Fußgängerzone in Gstaad

Der exklusive Kurort Gstaad steht zu seinen bäuerlichen Wurzeln. Trecker und Gummistiefel gehören hier ebenso zum Straßenbild wie Lamborghinis mit Golfschlägern.

Die Statistik bestätigt den ersten Eindruck: Auf 7000 Einwohner kommen 7000 Rinder und während der Saison rund 10.000 Besucher. Offenbar eine Mischung die ankommt, denn die meisten Besucher sind Stammgäste und verbringen bereits seit Jahren ihren Urlaub in der Region.

Rückzugsort für Promis

Gstaad mit seinen umliegenden Dörfern gehört nicht in die Kategorie der quirligen Jet-Set-Orte, sondern bietet Ruhe und Abgeschiedenheit. Nicht sehen und gesehen werden ist hier die Devise, sondern leben und leben lassen. Diskretion ist oberstes Gebot. Fast mürrisch reagieren Einwohner auf die Frage, welche Stars hinter den verzierten Holzfassaden der Chalets residieren.

Prominente Namen wie Roger Moore, Liz Taylor, Julie Andrews standen seit jeher auf der Gästeliste, aber heute? „Kein Kommentar“, heißt es dann und man hält sich daran. Meistens, so wird erzählt, erfahre man von der Anwesenheit hochkarätiger Berühmtheiten erst, wenn diese längst schon wieder abgereist seien.

Immer ein gutes Motiv - das Simmertaler Rind
Posiert auch gerne für Kameras – das Simmentaler Rind

Mekka für Gourmets

Weniger rar dagegen macht sich das nach der Region benannte Simmentaler Rind. Es ist die Spezialität der Gegend und für den ersten sinnlichen Eindruck verantwortlich.

Erfreulicherweise auch für den zweiten, denn auf den Speisekarten der Restaurants trifft man es wieder, allerdings inkognito. Perfekt zubereitet als Côte de Boeuf du Simmental, Filet de bœuf Simmental oder Saanenländer Trockenfleisch ziert es mit Beilagen versehen die angewärmten Teller und versetzt die Geschmacksnerven in Euphorie.

So auch bei Robert Speth, dem deutschen Zuwanderer aus Baden. Stolze 18 Punkte hat er sich in seinem Restaurant Chesery im Dorfzentrum von Gstaad erkocht und ganz nebenbei auch noch einen Michelin-Stern. Damit ist er ist Spitzenreiter der Region.

Und das will einiges heißen, denn die Konkurrenz ist stark. Nirgendwo in der Schweiz ist die Dichte an mit GaultMillau-Punkten ausgezeichneten Köchen höher als in Gstaad-Saanenland.

Verrückt nach Weißwurst

Robert Speth ist der Erfolg nicht zu Kopf gestiegen. Er ist ein Chefkoch zum Anfassen, versteckt sich nicht hinter Töpfen, sondern berät seine Gäste im elegant-rustikalen Gastraum persönlich und nimmt Sonderwünsche entgegen. Ein zurückhaltender Mensch, ebenso wie seine Kochkunst, schnörkellos und ohne viel Brimborium.

Hat einen Michelin-Stern und 18 iGaultMillau-Punkte erkocht - Robert Speth
Sternekoch Robert Speth ist gebürtiger Schwabe

„Ich bin ein Purist auf dem Teller und will mit einer einfachen Zubereitung den Grundgeschmack der Produkte hervorheben“, beschreibt er seinen Stil. Ein richtig guter Braten, sei für einen Koch eine besondere Herausforderung, ist seine Philosophie. Berühmt aber ist der Schwabe für seinen Wolfsbarsch in Salzkruste. „Der Trick ist, dass Eiweiß für die Salzkruste vorher aufzuschlagen, damit die Kruste nicht knochenhart wird“, verrät er Gästen, die nach Kochtipps fragen.

Seit 1991 führt er mit Ehefrau Susanne auch das Restaurant des Golfclubs Gstaad-Saanenland. Dort ist die Küche etwas deftiger und auch traditionelle deutsche Einflüsse sind zu finden. „Ich habe die Weißwurst hier salonfähig gemacht“ erzählt der Sternkoch, „anfangs haben die Schweizer sich geweigert blasse Würstchen zu essen. Heute sind sie ganz verrückt danach“.

Höhere Töchter und Söhne

Berühmt ist die Region für ihre zahlreiche Freizeitangebote. Im Winter ist Langlauf, Alpinski und Snowboard fahren angesagt, im Sommer Wandern, Klettern und Radfahren. Und die Outdoor-Aktivitäten haben Tradition.

Mit dem Bau der Bahnstrecke von Montreux am Genfer See in das Berner Oberland im Jahr 1904 wurde der bis dahin verschlafene Landstrich mit der Außenwelt verbunden.

Sommerfrische in Gstaad
Mit dem Eliteinternat kamen die ersten Gäste

Zeitgleich entschied sich das elitäre Privatgymnasium Le Rosey seinen Wintercampus nach Gstaad zu verlegen. Mit den Schülern kamen die Eltern, die ihre Sprösslinge besuchten. Damit hielt der Tourismus Einzug in der Region und die ersten Luxushotels wurden gebaut.

Panorama-Strecke

Die Bahnlinie gibt es noch immer und wird vom „Golden Pass Panoramic“ befahren, ein Zug mit bequemen Sesseln und großen Panoramafenstern. Wie im Kino rauscht die Landschaft im Großformat vorbei. Besucher aus Richtung Bern erwischen den Zug in der Ortschaft Zweisimmen. Von dort an geht es stetig bergauf. Die Fahrt führt durch Dörfer mit properen Bauernhäusern, deren verzierte Holzfassaden aussehen, als wäre sie gerade frisch gestrichen worden.

Im Sommer hängt üppiger Blumenschmuck an den Balkonen, beinahe so, als würden die Dorfbewohner im Wettkampf um die prächtigste Geranienstaude stehen. Im Winter, wenn die Dörfer eingeschneit sind, liegt eine dicke Schneedecke auf den Giebeldächern und lange Eiszapfen hängen an Dachrinnen und Fensterläden herunter.

Die Strecke führt durch Waldabschnitte, über sprudelnde Gebirgsbäche, vorbei an einsame Höfen, Gaststätten und kleinen Orten mit illustren Namen wie Bahnhöfli oder Chlösterli. Eine Fahrt, wie eine Zeitreise durch eine unwirkliche, saubere und aufgeräumte Bilderbuch-Landschaft.

Zugfahrt durch Schweizer Bilderbuchlandschaft
Panorama-Strecke im Berner Oberland

Fotos: Gstaad Saanenland Tourismus und Bettina Hagen

INFOS
http://www.gstaad.ch




Violettes Gold • Safranernte im Wallis

Es ist das edelste Gewürz der Welt und auch das teuerste: Safran. In den Walliser Alpen liegt das kleinste und nördlichste Anbaugebiet der Welt. Und darauf ist man in der Region stolz.

Wenn im Oktober herbstlicher Frühnebel über die Felder zieht, die Sonne allmählich ihre Kraft einbüßt und die Bauern längst die letzte Ernte einfahren haben, ist in dem kleinen Schweizer Bergdorf Mund Hochsaison angesagt. Dort, wo man es am wenigsten vermutet, liegt auf einer Fläche von zwei Hektar das nördlichste Anbaugebiet für Safran.

Ein Glücksfall für den Ort, der dem kostbaren Gewächs mit seiner sonnenverwöhnten Hanglage auf 1200 Metern Höhe beste klimatische Bedingungen bietet. Und darauf ist man stolz, nicht nur in Mund sondern in der gesamten Region.

Beat Salzmann bei der Ernte.
Beat Salzmann bei der Ernte

Violettes Farbspektakel

Auch Beat Salzmann, der jeden Tag seine Parzellen besucht, um zu sehen, inwieweit sich diese über Nacht in violettes Meer von Safranblüten verwandelt haben.

„Die Safranernte lässt sich nicht planen, ich weiß nie was mich morgens erwartet“, sagt der 73jährige Hobbybauer. Safran sprießt über Nacht, je nach Witterung mal mehr, mal weniger. Feuchtigkeit und Nässe mag er nicht, dafür aber trockenen, sandigen Boden.

Beat Salzmann ist an diesem Morgen unzufrieden, seine mitgebrachten Bastkörbe werden sich nicht füllen. Am Vortag hatte es stark geregnet und noch immer hängen tiefe, dunkle Wolken über dem Berghang. Die Sicht ins Tal ist verschleiert, für die Safran-Krokusse Grund genug, es sich im warmen Erdreich noch etwas gemütlich zu machen.

Launische Primadonna

Safran ist anders als andere Pflanzen, er verhält sich antizyklisch. Im Herbst, wenn sich die Natur auf den nahenden Winter vorbereitet, blüht er in aller Farbenpracht. Im Frühling, wenn rund herum die Knospen sprießen und die Blüte beginnt, bereitet er sich auf den Sommerschlaf vor.

Von Mai bis Juni wird das Safrankraut langsam gelb, stirbt ab und gibt so die nötigen Nährstoffe an die Zwiebel im Erdreich. Mit Herbstbeginn wachsen die Wurzeln am unteren Bereich der Knolle und die junge Pflanze stößt wie ein kleines Teleskop aus der Ackerkrume.

Blühender Safran
Blühender Safran

Nachwuchssorgen

Die Ernte ist ein mühsames und wegen des geringen Erntevolumens nur wenig ertragreiches Geschäft. Das ist der Grund, weshalb viele Bauern ihre kleinen Parzellen lieber aufgeben und verkaufen. Profitiert davon hat Beat Salzmann. Als der ehemalige Personaleinsatzleiter der Schweizer Bahn in Pension ging, begann er auf einer Parzelle, Safran anzubauen. Inzwischen hat er zwölf. „Es ist schade“, bedauert er, „die jüngere Generation interessiert sich immer weniger sich für den Anbau. Es ist ihnen neben ihrem Beruf zu aufwendig“. Es scheint also nicht gut bestellt zu sein, um den nördlichsten Safran der Welt. Ein Kulturgut, dessen Zukunft ungewiss ist.

Rettung des Safrans

Die Gemeinden erkannten das Problem. 1979 gründete sich die Zunft „Pro Safran“, die sich für den Erhalt der bäuerlichen Tradition einsetzt. Seit dem Mittelalter wird die „Königin der Pflanzen“ in der Schweiz angebaut, nie als Haupterwerb, doch als ein fester Bestandteil der regionalen Identität. Wie es die wertvolle Knolle überhaupt über die Alpen in die Schweiz gelangen konnte, darüber ranken sich Legenden. Eine besagt, dass ein Soldat aus einem Land, in dem die Ausfuhr von Safranzwiebeln unter Todesstrafe stand, eine Knolle in seinem Haarschopf versteckte und nach Mund mitbrachte.

Über die Alpen könnte der Safran ins Wallis gekommen sein.
Über die Alpen könnte der Safran ins Wallis gekommen sein

Wer mehr darüber erfahren möchte, besucht das Safranmuseum, das 2007 im Zehndenstadel, einem der ältesten Holzbauten im Wallis, eröffnet wurde. Dort erklärt Hausherr Leo Albert seinen Gästen, dass der Munder Safran eine Rarität ist und pro Jahr nur zwei bis drei Kilo geerntet werden. Und, das der Kilopreis bei stattlichen 14.000 Franken (rund 13.500 Euro) liegt.

Doch verkauft wird er ohnehin nicht. Er bleibt in der Region, wird zum klassischen Safranrisotto verarbeitet, zu Safranbrot, Safrankäse ,Safranpasta und auch zu Safranlikör.

Reine Handarbeit

Wenn Beat Salzmann mit Körben voller frisch gepflückter Safranblüten nach Hause kommt, wartet schon seine Frau, an ertragsreichen Tagen auch Kinder, Enkel und Bekannte.

Mühsame Verarbeitung
Von Hand gezupft

Spielt das Wetter mit, erntet er mehr als 2000 Blüten. Dann benötigt er dringend Unterstützung, denn die Weiterverarbeitung des Edelgewächses duldet keinen langen Aufschub. Doch es kostet Zeit, wenn der Hobbybauer seine Körbe auf dem Küchentisch entleert und die Helfer anfangen, die drei empfindlichen Narben unter den Blüten vorsichtig freizulegen und herauszulösen.

Alles ist Handarbeit, vom Pflücken auf dem Feld bis hin zum Zupfen der Fäden. „Nein, Safrananbau rentiert sich nicht“, sagt Beat Salzmann, „aber es ist eine Leidenschaft und eine Tradition, die fortgeführt werden muss“. Ob seine Kinder und Enkel jedoch die Arbeit  fortsetzen, sicher ist sich Salzmann da nicht.

Fotos: Bettina Hagen

Rezept: Safranrisotto nach Munder Art

INFOS
Reisezeit:
Zur Safranernte in der zweiten Oktober, ersten Novemberhälfte.
Essen und Trinken: Restaurant Safran (Mund). Safranspezialtäten mit Blick ins Rhone Tal, Tel.: +41 (0)27 923 13 76
Safranmuseum in Mund: Während der Ernte Mittwoch, Samstag und Sonntag von 10:30 bis 12:00 und von 14:00 bis 16:30 Uhr.
Informationen über Mund und die Region: Gemeinde Mund (www.mund.ch), Brig Belalp Tourismus (www.brig-belalp.ch).